Dank der Offenheit des Polizeipräsidiums Mannheim konnten wir im April ein Gruppentreffen mit Sabine Abeln, Leiterin der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, und Yvonne Schäfer, Pressesprecherin, gestalten. Beide kamen bewusst in Zivilkleidung, um die Gruppe nicht zusätzlich zu belasten.
In einer unserer vergangenen Gruppenstunden äußerten einige Eltern den Wunsch, mit der Polizei in Kontakt zu treten, um über ihre Erfahrungen zu sprechen und den gegenseitigen Austausch zu fördern. Mehrere Eltern berichteten, dass sie sich in dieser Ausnahmesituation vonseiten der Polizei mehr Sensibilität und Einfühlungsvermögen gewünscht hätten. Wenn Eltern ihr Kind durch einen Unfall, Drogenkonsum oder unter ungeklärten Umständen verlieren, ist die Polizei oft als Erstes vor Ort, was bei betroffenen Eltern viele Emotionen und Fragen auslöst.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde zeigte sich schnell, wie sehr beide Beamtinnen von den Schicksalen in unserer Gruppe berührt waren, auch wenn sie beruflich häufig mit dem Tod konfrontiert sind. Sie betonten, dass sie nachvollziehen können, wie schwer es ist, wenn Angehörige ihr Kind bei unklarer Todesursache nicht mehr sehen dürfen. Der Grund dafür sei, dass wichtige Spuren gesichert werden müssen – eine notwendige Maßnahme, die für Betroffene aber oft kaum zu ertragen ist.
Ein zentrales Thema des Abends war die Situation am Unfallort. Viele Eltern erzählten, dass sie sich nicht von ihrem Kind verabschieden konnten. Das Gefühl, das eigene Kind nicht noch einmal sehen, berühren oder halten zu dürfen, wiegt schwer und verstärkt die Trauer zusätzlich. Aus Sicht der Polizei geschieht dies oft in dem Bemühen, Angehörige vor einem möglicherweise traumatisierenden Anblick zu schützen. Betroffene Eltern schilderten, dass die eigenen Vorstellungen und Fantasien oft viel schlimmer seien als die Realität.
Unser Wunsch: Ein bewusster Abschied sollte, soweit möglich, aktiv ermöglicht werden – sei es durch die Unterstützung der Polizei, oft hilft schon der Hinweis, dass Eltern am Unfallort sich zwar nicht verabschieden können, jedoch dies mit Unterstützung von Bestatter:innen, die den Anblick des Körpers würdevoll gestalten können, geschehen kann. Manchmal reicht es Eltern schon, nur die Hand ihres Kindes zu sehen und zu halten.
Auch die Herausforderung, Todesnachrichten zu überbringen, wurde offen angesprochen. Die Beamtinnen erklärten, wie schwer es für sie ist, in solchen Momenten die „richtigen“ Worte zu finden – nicht wissend, in welcher emotionalen Verfassung sie auf die Angehörigen treffen.
Manchmal kann es bei Einsätzen zu sehr belastenden Situationen kommen – etwa, wenn Betroffene unter Schock stehen oder psychisch erkrankt sind und nicht mehr ansprechbar wirken. In solchen Fällen müssen manchmal Schutzmaßnahmen getroffen werden, die nach außen hin hart wirken, etwa das Anlegen von Handschellen – auch zum Schutz der Betroffenen selbst.
Ein weiterer wichtiger Punkt konnte ebenfalls geklärt werden: Eine Mutter, deren Kind durch einen Unfall ums Leben kam, berichtete, sie habe geglaubt, sie „dürfe“ nicht zu ihrem Kind. Tatsächlich handelt es sich hier in der Regel nur um eine Empfehlung der Polizei, kein generelles Verbot.
Das Gespräch dauerte etwa zweieinhalb Stunden und war geprägt von gegenseitigem Respekt, Offenheit und Verständnis – und hätte sicher noch länger dauern können. Die Beamtinnen versprachen, die Eindrücke und Anregungen aus unserem Treffen mit in ihre Arbeit zu nehmen und an Kolleg:innen weiterzugeben.
Auch wenn es für beide Seiten emotional fordernd war, gingen alle mit einem guten Gefühl nach Hause. Zum Abschied überreichten wir den beiden Beamtinnen ein kleines Präsent – schließlich hatten sie uns für diesen Abend ihre private Zeit geschenkt.
In der abschließenden Runde unserer Gruppe spiegelte sich deutlich wider, wie wertvoll und bereichernd dieses Gespräch war. Alle Teilnehmenden äußerten sich positiv – es war ein intensiver, ehrlicher und konstruktiver Austausch. Vor allem war es ein gutes Gefühl, mit unseren Erfahrungen etwas bewegen zu können und es war ein Abend, der bei allen Beteiligten in Erinnerung bleiben wird.
Ein herzliches Dankeschön an das Polizeipräsidium Mannheim für seinen täglichen Einsatz – und ganz besonders an Frau Abeln und Frau Schäfer, die diesen außergewöhnlichen Abend möglich gemacht haben.
Foto von Michael Förtsch auf Unsplash
Text: Konny Wingerter